Manche Friseure machen Hausbesuche, um die Corona-Krise zu umgehen

Die Schere musste der Mosbacher Friseurmeister Boris Gassert aus der Hand legen, denn die Geschäfte sind in der Corona-Krise geschlossen worden. Obwohl diese Entscheidung die Innung hart trifft, hat er in seinem körpernahen Beruf vollstes Verständnis dafür.

Von Alexander Rechner

Mosbach. Unternehmer, Arbeitnehmer und Familien: Sie alle leiden unter der Coronakrise. Besonders stark betroffen ist die Gruppe der Selbstständigen. Der Mosbacher Friseurmeister Boris Gassert zählt zu den zahlreichen selbstständigen Unternehmern in der Region, die durch die staatlich angeordnete Schließung von einem auf den anderen Tag keine Einnahmen mehr haben. Dennoch hat der 39-Jährige seinen Optimismus nicht verloren. "Unseren Betrieb gibt es schon seit 1933. In all diesen Jahrzehnten haben mein Großvater und später mein Vater so viel durchgestanden, dass ich mir sehr sicher bin: Auch nach der Coronakrise werden wir weiter bestehen", ist der Unternehmer überzeugt.

In Neckarelz leitet Boris Gassert den Friseursalon schon in der dritten Generation und beschäftigt sieben Mitarbeiter, die ebenfalls hart von den Auswirkungen betroffen sind. Denn seit dem 21. März befinden sie sich in Kurzarbeit und müssen mit Gehaltseinbußen zurechtkommen. Ihr Chef weiß um ihre schwierige Situation. "Es schmerzt wirklich", sagt Boris Gassert, der trotzdem seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im Stich lässt. Sobald die Krise überwunden ist und die Behörden grünes Licht für Geschäftsöffnungen gegeben haben, will der Friseurmeister wieder wie gewohnt Haare schneiden. "Ich denke, dass wir in der Anfangszeit sicherlich eine Sechstagewoche haben werden", blickt er vorsichtig in die Zukunft und fügt flugs hinzu: "Denn die Haare sind in der Zwischenzeit gewachsen und müssen gekürzt werden." Zunächst einmal aber müsse man die Virus-Pandemie in den Griff bekommen, das habe derzeit die höchste Priorität.

Aus diesem Grund hat der Friseurmeister auch vollstes Verständnis dafür, dass die Geschäfte geschlossen wurden. Wenig Verständnis hat er hingegen dafür, dass in Deutschland immer noch vereinzelt Friseure zu Hause zu Schere und Kamm greifen und Haare von Kunden schneiden. Die Dunkelziffer ließe sich nicht bestimmen, jedoch ist ihm derzeit kein Kollege im Neckar-Odenwald-Kreis bekannt, der gegen die Vorschriften verstoße. "Diese Vorgaben sind sinnvoll, schließlich gefährdet man dadurch die Gesundheit, denn die Ansteckungsgefahr ist in so einem körpernahen Beruf zu groß", betont Gassert. "Deshalb möchte ich an alle appellieren: Lasst die Hausbesuche sein, sie sind illegal", so der Mosbacher, dessen Vater Herbert Gassert Innungsobermeister ist.

In der Innung herrsche derzeit spürbare Unsicherheit. Viele seiner Kollegen beschäftigten sich mit den Fragen, wie und wann es weiter gehe. Vor allem stehe auch die Frage im Fokus, wer denn später wieder arbeiten dürfe, am Anfang gar nur junge Friseure? "Natürlich denke ich auch darüber nach, wo die Altersgrenze sein könnte", gibt der 39-Jährige offen zu. "Wobei wir der Meinung sind, entweder alle oder keiner."

Nach der ersten Phase der Aufregung sei in der Innung mehr und mehr Ruhe eingekehrt. Einen Grund dafür sieht er in dem Rettungsschirm des Landes Baden-Württemberg. "Die schnelle finanzielle Hilfe hat doch die Stimmung beruhigt, denn Liquiditätsengpässe können mit Hilfe dieses Geldes doch kompensiert werden", so Gassert, der sich davon angetan zeigt. Dass die Landesregierung bei diesem Programm nachjustiert habe, begrüßt er ebenfalls. "Unser Anliegen, dass auch Lehrlinge als Mitarbeiter zählen, wurde gehört und erfüllt." Denn die Landesregierung zahlt kleinen Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten je nach der Anzahl der Mitarbeiter zwischen 9000 und 30.000 Euro Soforthilfe. Auch deshalb sei es wichtig gewesen, in diesem Programm Auszubildende als Mitarbeiter zu werten.

Aus seinem Kollegenkreis berichtet er davon, dass sehr viele Anträge eingereicht wurden und sie sehr schnell finanzielle Hilfe erhalten hätten. Besonders lobt er die Unterstützung der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer bei der Antragsstellung. "Dass sie mit ihren Teams beratend zur Seite stehen, ist hilfreich." Trotz der Rettungsschirme von Land und Bund geht Gassert derzeit von einer Reduzierung der Betriebe in seiner Branche aus. "Über kurz oder lang wird sich die Anzahl der Friseure am Markt verringern", befürchtet er.

Zuversichtlich stimmt ihn jedoch die große Solidarität der Kundschaft, die er in jüngster Vergangenheit erlebt hat. "Uns erreichen Mails und Anrufe mit Fragen, wie man uns in dieser Phase helfen könne", sagt er berührt. Und mit diesem Gemeinschaftsgefühl blickt er auch in die Zukunft. "Wenn wir alle uns an die Vorgaben und die Ratschläge der Experten halten, werden wir auch wieder andere Zeiten gemeinsam erleben", ist der Friseurmeister überzeugt. Dann will er mit seinem Team wieder die Wünsche seiner Kunden wie gewohnt erfüllen.

Foto: privat

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